Finke geht durchs Quartier - Auf Tour in Eimsbüttel
Finke geht durchs Quartier
…man sieht ihn immer schon aus der Ferne, und kann ihn dennoch nicht wirklich erreichen, den Heinrich-Hertz-Turm, Hamburgs markanten Fernsehturm. Ein schönes Stück Architektur, rank und schlank, strahlend weiß, wohlproportioniert, aber seit 2001 geschlossen für Besucherinnen und Besucher. Fritz Trautwein zeichnete als Architekt für den Entwurf verantwortlich. Von ihm sind auch die Grindelhochhäuser. Alles sehr gelungen. Ich kann mich noch an das Café ziemlich weit oben erinnern, es drehte sich, die Torten waren drittklassig, der Filterkaffee mit Dosenmilch rückblickend betrachtet eine Zumutung. Aber der Ausblick, grenzenlos.
Ich gehe Richtung Synagoge in der Bundesstraße, lasse das Museum für Natur rechts liegen und komme am Deutschen Klimarechenzentrum (DKRZ) vorbei. Das Thema Klima lässt uns nicht los, auch unsere Genossenschaft muss und wird sich mit den laufenden und kommenden klimatischen Veränderungen beschäftigen. Wir haben schon viel hierzu geschrieben. Hier also kommen die Daten her; Hochleistungsrechner, Datenspeicher und Dienste bilden die zentrale Forschungsinfrastruktur für die simulationsbasierte Klimawissenschaft in Deutschland. Die Systeme des DKRZ gehören weltweit zu den leistungsstärksten für die Wissenschaft eingesetzten Rechnern.
Beeindruckt gehe ich weiter, am Geomatikum vorbei, unter der U-Bahn hindurch und komme zur Synagoge Hohe Weide. Die Straße gesperrt, schwer bewacht von der Polizei, ein starker Zaun um das Areal gebaut, Videoüberwachung an jeder Ecke. Es ist mehr als bedauerlich, dass die jüdische Gemeinde sich derart vor Anfeindungen schützen muss bzw. vor physischer Gewalt beschützt werden muss. Peinlich für unser Land, die ewig Gestrigen haben nichts gelernt.
Ich schieße schnell ein Foto, kurz erklärt weshalb, und bin weiter meines Weges, erreiche nach wenigen Schritten die bekannte Kaifu-Lodge und das noch immer ziemlich neue Krankenhaus der Agaplesion-Gruppe. Hierhin sind alle Abteilungen aus dem Bethanien-Krankenhaus gezogen, was dem BVE letztendlich erst ermöglicht hat, das attraktive Grundstück in der Martinistraße 44 in Eppendorf zu kaufen und für seine Mitglieder neu zu bebauen. Der Straßenname wechselt in Osterstraße.
Die Osterstraße ist noch immer eine attraktive Einkaufsstraße, man kann flanieren, shoppen, Speisen und Getränke genießen, sie ist faktisch das Herz Eimsbüttels. Das im Brutalismusstil gebaute Karstadt-Kaufhaus dominiert ein wenig die Kreuzung zum Heußweg. Ich erinnere mich noch gut an den Tag und Nacht frequentierten McDonalds an der gegenüberliegenden Ecke, häufig der Rettungsanker aller nächtlich Hungerleidenden.
Dort hatte bis Ende des letzten Jahrhunderts auch das Plattenlabel RCA seinen Sitz. Weltklasse. Genauso, wie an der anderen Ecke, im Heußweg 25, die Teldec seit den 1950er Jahren ansässig war. Von hier aus eroberten Elvis Presley, Bill Haley, Chuck Berry, Fats Domino und Little Richard die deutschen Radiostationen und Wohnzimmer. Insgesamt ist hier also Musik drin, und so heißt der Platz dort seit einiger Zeit Fanny-Mendelssohn-Platz, nach der Schwester des Komponisten Felix Mendelssohn-Bartholdy benannt.
Mir wird ganz schwindelig bei so viel Input und mache Pause, es ist Kaffee- und Kuchenzeit. Kein Problem in der Osterstraße, exzellenten Espresso und hausgemachte Torte kann ich gleich um die Ecke in der „Kleinen Konditorei“ ordern. Danach geht es mit frischem Schwung weiter Richtung Westen. Der Straßenname wechselt erneut, ohne dass ich abbiege, es ist jetzt die Müggenkampstraße. Hier gibt es noch einen Geigenbaumeister, der wahrhaft meisterliche Instrumente individuell und mit viel Liebe herstellt.
Endstation meines Weges ist Zilles Eck im Langenfelder Damm, eine klassische Eckkneipe, die übrigens zum BVE gehört. Seit vier Jahrzehnten dort ansässig, bedient man hier Stammkundschaft, aber auch jeden spontanen Besucher mit viel Herzlichkeit, frischem Bier und einfacher Küche. Eigener Aussage nach ist man die älteste noch existierende Kneipe in Eimsbüttel. Dem BVE gehören die Häuser dort seit 1988 bzw. 2004. Es gibt, verteilt auf mehrere Baukörper, und zum Teil auch in der parallel verlaufenden Högenstraße, 118 Genossenschaftswohnungen für Jung und Alt, Familien und Singles. Außerdem ist ein großer Discounter dort unser Mieter. Ich genieße mein Bier nach der spannenden Strecke in der Spätsommer-Abendsonne.