Unsere Geschichte
Mehr als 125 Jahre GeschichteIn den sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts hatte sich das Bevölkerungswachstum dramatisch beschleunigt. Der daraus resultierende Mangel an geeignetem Wohnraum hatte zu einer zunehmenden Verelendung der ärmeren Bevölkerungsschichten geführt.
Erschwert wurde die Lage durch den Bau der Hamburger Freihafen-Speicherstadt, die es notwendig machte, 24 000 Menschen, deren Wohnungen zu Gunsten des „Wirtschaftsfaktors Hafen“ abgerissen wurden, innerhalb kürzester Zeit anderweitig unterzubringen.
Arbeiterfamilien lebten größtenteils nicht nur in viel zu engen, meistens feuchten, schlecht durchlüfteten und vom Sonnenlicht kaum erreichbaren Wohnungen, sie waren auch in viel zu kleinen Unterkünften zusammengepfercht: Zwanzig Quadratmeter für eine sechs- bis siebenköpfige Arbeiterfamilie waren keine Seltenheit, und viele Familien waren aus Geldnot gezwungen, dazu noch einen Untermieter aufzunehmen. Dennoch mussten sie bis zu einem Viertel ihres kargen Einkommens für die Miete ausgeben.
Die Folge solcher Verhältnisse, insbesondere der unerträglichen Enge, waren Krankheiten bis hin zu Seuchen. Die Choleraepidemie, die in Hamburg 1892 mehr als 8000 Todesopfer forderte, war nur ein besonders erschreckendes Ereignis, das annähernd das gesamte Wirtschaftsleben der Stadt lahmlegte.
Wohnungsbaugenossenschaften als Selbsthilfeorganisationen
Mehr Licht, mehr Luft und die Verbesserung der katastrophalen hygienischen Verhältnisse war die vorrangige Aufgabe der Wohnungspolitik in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Die Wohnungsbaugenossenschaften traten als Selbsthilfeorganisationen an, ihren Beitrag zur Verbesserung der Zustände zu leisten.
24 Gründungsmitglieder hatten das Protokoll unterzeichnet. Die Gründungsmitglieder stammten aus den Elbvororten, die meisten wohnten zwischen Flottbek und Blankenese.
Verzicht auf „speculative Gewinne“
„Gegenstand des Unternehmens“, so teilte das Königliche Amtsgericht Blankenese mit, „ist die Beschaffung von Arbeiterwohnungen, um sie an die Genossen zu vermieten und käuflich zu übertragen“. Eines der wichtigsten Kriterien der BVE-Arbeit war der Verzicht auf „speculative Gewinne“, die damals am freien Wohnungsmarkt üblich waren. Die ersten Häuser des BVE wurden in Nienstedten/Osdorf und Iserbrook gebaut und konnten schon ein Jahr nach der Genossenschaftsgründung bezogen werden. Die Grundstückspreise beliefen sich damals auf etwa 1,20 Mark pro Quadratmeter. Bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs stiegen die Grundstückspreise sprunghaft um ein Vielfaches.
Als sich das Kaiserreich seinem Ende zuneigte, hatte sich der Bauverein der Elbgemeinden trotz dieser ungünstigen Rahmenbedingungen zu einer respektablen Größe entwickelt: Am Anfang des neuen Jahrhunderts waren 78 Mitglieder registriert; kurz vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs waren es schon annähernd 250.
Krieg und Weltwirtschaftskrise
Der Krieg brachte auch die ohnehin wegen Kapitalverknappung gegen Ende der wilhelminischen Ära eingeschränkte Bautätigkeit des BVE völlig zum Erliegen. Die wirtschaftlichen Folgen des Krieges - Inflation und Weltwirtschaftskrise - erlaubten den Bau neuer Wohnungen nur in beschränktem Umfang: 1925 wurden ganze sieben und ein Jahr darauf acht Einfamilienhäuser bezogen. 1930 konnten den Wohnungssuchenden immerhin schon 30 neuerrichtete Wohnungen angeboten werden. Das aber war nur ein kurzfristiges Aufflackern der Bemühungen um mehr Wohnraum gewesen, das durch die Weltwirtschaftskrise schnell wieder erstickt wurde.
In den Jahren 1931 und 1932 war die wirtschaftliche Not so groß geworden, dass viele der Mitglieder nicht einmal mehr die Miete für bereits bezogene Wohnungen bezahlen konnten. Die Mietrückstände zwangen den Vorstand, vorübergehend keine Dividende auf die Genossenschaftsanteile auszuschütten. An den Bau neuer Wohnungen war unter diesen Umständen kaum zu denken. Das änderte sich erst, als der BVE 1934 den Grundbesitz der in Liquidation befindlichen Gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft Nienstedten übernehmen konnte. In den drei letzten Jahren vor dem Zweiten Weltkrieg wurden noch 197 Wohnungen fertiggestellt. Das aber war ein viel zu dünnes Polster, um angesichts der großen Nachfrage nach Genossenschaftswohnungen über die im Ergebnis der Bautätigkeit mageren Kriegsjahre hinwegzukommen. Immerhin war es ein Glücksfall, dass die noch sehr ländlichen Elbvororte, in denen der größte Teil der BVE-Wohnungen und -Häuser lag, unter dem Bombenkrieg kaum zu leiden hatten. Allerdings führte der Mangel an Baustoffen zu einem erheblichen Ausfall an Ersatzinvestitionen, so dass in den ersten Nachkriegsjahren zum erhöhten Wohnungsbedarf noch in großem Umfang Reparaturarbeiten anfielen.
Wiederaufbau
Der Bauverein der Elbgemeinden hatte an den Bauleistungen der Nachkriegszeit einen seiner Größe entsprechenden Anteil, wie überhaupt die gemeinnützige Wohnungswirtschaft in Hamburg einen größeren Anteil an der Aufbauleistung hatte als in jedem anderen Bundesland.
Als das Jahr der Währungsreform zu Ende ging, verfügte der BVE über 499 Wohnungen. Schon acht Jahre später konnte er melden, dass - zusammen mit dem ersten in Hamburg errichteten Arbeiterwohnheim - die 3000. Wohnung bezogen wurde.
Es hatte von Anfang an zu den Grundsätzen des BVE gehört, an den Bau seiner Wohnungen hohe Qualitätsmaßstäbe anzulegen. Er war ja angetreten, für Familien mit geringem Einkommen nicht nur ein Dach über dem Kopf zu schaffen, sondern ihnen ein menschenwürdiges Zuhause anzubieten. Dies setzte voraus, hohe Anforderungen an die handwerkliche Ausführung der „Wohnobjekte“ zu stellen und die ausführenden Gewerke streng auf die Einhaltung der in einem umfangreichen Regelwerk erfassten Kriterien zu verpflichten. Grundsätzlich galt das auch für die ersten Nachkriegsjahre, wenngleich der Mangel an hochwertigen Baustoffen zu manch einem Kompromiss zwang.
Neben seiner Bautätigkeit hat der BVE in der Nachkriegszeit in größerem Umfang Modernisierungsprogramme durchgeführt. Es ging dabei vorrangig um den Einbau von Zentralheizungen, um die Umwandlung von Dusch- in Vollbäder und moderne Installationsanlagen.
Der Bauverein der Elbgemeinden hat damit wesentlich zur Verbesserung der Wohnqualität beigetragen. Wie wichtig solche Bemühungen waren, beweist eine Statistik in der ersten Hälfte der sechziger Jahre. Danach hatten in Städten mit über 100.000 Einwohnern sechs Prozent kein fließendes Wasser, neun Prozent keine eigene Küche und sogar 63 Prozent kein eigenes Bad!
Im BVE beflügelten auch personelle Wechsel den Wiederaufbau nach dem Krieg. In diese Zeit fielen Rekordleistungen wie die des Jahres 1951, in dem der Wohnungs-bestand um 998 Einheiten erhöht werden konnte, wie auch der Jahreswechsel 1966/67, an dem sich annähernd eintausend BVE-Wohnungen in Bau befanden.
Vergrößerung des Grundbesitzes
Seit Ende der sechziger Jahre hat sich der BVE bemüht, den Mangel an innerstädtischem Bauland durch Grundstückserwerb in Außenbezirken auszugleichen. Um Grundstücke zu günstigen Bedingungen zu bekommen, mussten möglichst große zusammenhängende Flächen erworben werden. Da aber einzelne Baugenossenschaften nicht über die finanzielle Potenz kapitalkräftiger großer Baugesellschaften verfügen, war der Zusammenschluss zu Arbeitsgemeinschaften die einzig denkbare Reaktion auf die Marktlage. Diese Form der Kooperation ist 1969 zum ersten Mal in größerem Umfang praktiziert worden, und der BVE hat dabei die Führung übernommen. Dank dieser Zusammenarbeit gelang es dem Bauverein der Elbgemeinden, seinen Grundbesitz innerhalb eines Jahres um fünf Prozent auf 1,8 Millionen Quadratmeter zu vergrößern.
Die aus der Wohnungsnot der ersten Nachkriegsjahre resultierende Expansion des Wohnungsmarktes hat sich auch auf dem genossenschaftlichen Sektor zum Ende des Jahrhunderts nicht fortgesetzt. Dem Vorstand ist es gelungen, die mit dem schnellen Wachstum eines Unternehmens verbundenen wirtschaftlichen Risiken zu meistern und neue organisatorische Strukturen zu schaffen, mit denen er unsere Genossenschaft für die Anforderungen der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts konditionierte. Er hat darüber hinaus Antworten auf neue Herausforderungen gefunden.
Verantwortung für die nachfolgenden Generationen
Bis 2045 strebt der BVE einen klimaneutralen Gebäudebestand an und hat hierfür einen Klimapfad mit vier Säulen erarbeitet: erstens die Transformation der Energiequellen, zweitens die Modernisierung der Gebäude, drittens Ersatzneubau und viertens Photovoltaik.
Die energetischen Quartiersentwicklungen des BVE mit eigenen Heizzentralen und Wärmenetzen sind beispielgebend für andere Wohnungsunternehmen. Mit Mobilitätshubs erleichtern wir den Mitgliedern den Verzicht auf private Pkw. Unser eigens entwickeltes Ampelkonzept gewährleistet Biodiversität in den Außenanlagen der Bestände. Dies sind nur einige Beispiele für die vielen Klimaschutzmaßnahmen des BVE.
Von 1990 bis 2023 konnten wir unsere CO2-Emissionen so um beeindruckende 62,07 Prozent senken. Mit spezifischen Emissionen von 19,49 Kilogramm CO2 pro Quadratmeter im Jahr liegen wir deutlich unter dem Durchschnitt der Mitgliedsunternehmen der Initiative »Wohnen.2050«. Das Etappenziel, bis 2030 den CO2-Ausstoß um 70 Prozent im Vergleich zu 1990 zu reduzieren, erscheint vor diesem Hintergrund realistisch.
Moderne Wohnprojekte für die Zukunft
Auch im neuen Jahrtausend hat der BVE etliche Bauprojekte realisiert, die die Wohnlandschaft in Hamburg maßgeblich prägen. Dazu zählen die Neubauten in der HafenCity – am Baakenhafen sowie am Strandkai –, in »Mitte Altona«, im Pergolenviertel und am Schlicksweg in Hamburg-Barmbek. Die Gebäude vereinen hochwertigen Wohnstandard, vielfältige Nachbarschaften und Verantwortung für den Klimaschutz.
Kooperationen und besondere Wohnformen
Der BVE arbeitet eng mit verschiedenen sozialen Trägern zusammen, um gemeinschaftliches Wohnen zu ermöglichen und nötigenfalls die soziale Betreuung sicherzustellen. Zu den Kooperationspartnern gehören der Arbeiter-Samariter-Bund (ASB), die Köster-Stiftung und der Sozialdienst katholischer Frauen e. V. Hamburg. Mit ihnen setzt die Genossenschaft Wohnprojekte für bestimmte Zielgruppen um, beispielsweise Frauenhäuser und Servicewohnen. Für Mieterinnen und Mieter, die Unterstützung in den eigenen vier Wänden brauchen, testet der BVE Möglichkeiten des »Ambient Assisted Living« (AAL). Außerdem zählen mittlerweile viele Baugemeinschaften zu den Mitgliedern des BVE.
14.500 Wohnungen, mehr als 23.000 Mitglieder
125 Jahre nach seiner Gründung darf sich der Bauverein der Elbgemeinden mit 23.357 Mitgliedern und einem Angebot von rund 14.500 Wohnungen zu den bedeutenden Wohnungsunternehmen Hamburgs und des Hamburger Umlandes zählen.
Einer der Erfolgsmaßstäbe einer Wohnungsbaugenossenschaft ist die Zufriedenheit ihrer Mitglieder. Der BVE hat wesentlich dazu beigetragen, dass zwischen den Baugenossenschaften und ihren Mitgliedern ein überaus enges Vertrauensverhältnis besteht. Aus einem in den achtziger Jahren durchgeführten Sozialforschungsprojekt der Hamburger Universität geht hervor, dass 80 Prozent aller Mieter auch unter anderen persönlichen finanziellen Bedingungen einer Genossenschaftswohnung den Vorzug geben würden vor einem Mietobjekt des freien Marktes. Nach ihrer Rolle als Zeichner von Genossenschaftsanteilen befragt, sagten über 60 Prozent, sie sähen sich als Miteigentümer der von ihnen gemieteten Wohnung. 34 Prozent definierten ihre Stellung als die eines „Kapitalgebers“.